Leypoldt, Patrick. Die Nordostpassage als Alternative zu den bestehenden Seeverkehrsrouten zwischen Europa und Asien. Potenziale bis zum Jahr 2050. 2009, Doctoral Thesis, University of Basel, Faculty of Science.
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Official URL: http://edoc.unibas.ch/diss/DissB_8858
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Abstract
Im Welthandel und damit auch im Welt-Seehandel lässt sich seit geraumer Zeit
eine dynamische Entwicklung beobachten. Bei immer stärker zunehmender Verknüpfung
der Welthandelspole und dem damit verbundenen Aufkommenszuwachs
im Güterverkehr stellt sich die Frage, wie diese Transportströme in Zukunft bewältigt
werden können. Vor dem Hintergrund der sich ändernden klimatologischen
Verhältnisse auf der Erde könnte die Nordostpassage in Zukunft für den
interkontinentalen Seeverkehr eine alternative Transitroute zwischen Europa und
Asien darstellen.
Die Nordostpassage ist von der Distanz her die kürzeste Schifffahrtsverbindung
zwischen den europäischen Häfen der Nordrange und den ostasiatischen Häfen
(7‘000 bis 9‘000 nm). Die Distanzersparnis kann im besten Fall rund ein Drittel
der Suezroute betragen.
Trotz zahlreicher Forschungsvorhaben fehlen detaillierte Aussagen zum künftigen
Nutzungspotenzial der Nordostpassage, welche sich aus den globalen Handelsströmen
ergeben könnte. Die vorliegende Arbeit will ein Teil dazu beitragen, diese
Lücke zu schliessen. Hauptziel dieser Forschungsarbeit ist es, zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten
dieser Meeresstrasse als Alternative zu den bestehenden Transitrouten
einzuschätzen und das potenzielle Transportaufkommen für Transitrelationen
auf der Nordostpassage zu quantifizieren.
Bei der Beantwortung dieser Frage wurde ein breiter Mix von verschiedenen Methoden
eingesetzt. Neben der Sekundäranalyse von Literatur, Statistiken und anderen
Informationsgrundlagen wurden im Rahmen der Modellberechnungen sowohl
quantitative als auch qualitative Analysemethoden eingesetzt. Quantitativ im Sinne
von Zusammentragen, Analysieren, Aufbereiten, Auswerten und Prognostizieren
umfassender Datenreihen im Rahmen der Modellberechnungen, qualitativ
durch den Szenariobeschrieb, den Workshop und diverse Expertengespräche. Vor dem Hintergrund der Fragestellung wurde im Rahmen dieser Forschungsarbeit
ein Modell zur Abschätzung des Aussenhandelsaufkommens bis zum Jahr
2050 für die Einzugsgebiete der Nordostpassage entwickelt. Das Aussenhandelsmodell
besteht aus einer Methodenmischung von ökonometrischen und qualitativen
Verfahren. Die Abschätzung der Aufkommen basiert auf ökonometrischen
Analysen von Zusammenhängen zwischen sozioökonomischen Rahmendaten und
Aussenhandelsdaten der beteiligten Länder für die Vergangenheitsentwicklung.
Geeignete Zusammenhänge wurden anschliessend bis zum Jahr 2050 fortgeführt
und zur Quantifizierung der Handelsströme verwendet. Das Aussenhandelsmodell
besteht aus zwei Modellteilen: Einem Leitdatenmodell und einem Aufkommensmodell.
Die Ergebnisse des Aussenhandelsmodells beinhalten die Entwicklung
des Aussenhandelsaufkommens auf der Handelsrelation zwischen Europa und
Asien/Ozeanien/Australien. interkontinentaler
Seeverkehre konnten die Potenziale der Nordostpassage abgeleitet werden.
Aufgrund des Einflusses der Distanzen auf den verschiedenen Relationen
konnte das Potenzial auf die ostasiatischen Handelspartner Europas eingegrenzt
werden (Japan, Südkorea, China, Hong Kong und Taiwan). Hinzu kommt, dass
aufgrund von zahlreichen Faktoren, wie beispielsweise mangelhafter Infrastruktur,
kurzer Navigationsperiode, hoher Versicherungsprämien, behördlichen Hindernissen
und den hohen Kosten, die Nordostpassage heute noch keine alternative Transitroute
zwischen Europa und Ostasien darstellt.
Es wird davon ausgegangen, dass die Nordostpassage im Jahr 2030 für Massenguttransporte
eine Alternative darstellen kann. Zudem ist nicht auszuschliessen,
dass je nach Entwicklung der oben genannten Faktoren bereits im Jahr 2030 ein
Teil der Containerfracht über die Nordostpassage abgewickelt werden kann. Bis
zum Jahr 2050 ist dann mit einer weiteren Verbesserung der Nutzungsbedingungen
auf dem Seeweg zu rechnen.
Die im Rahmen dieser Arbeit ermittelten Potenziale in Höhe von 441 Mio. Tonnen
für das Jahr 2050 stellen ein maximaltheoretisches Potenzial für die Nordostpassage
dar. Realistischerweise wird davon nur ein Teil über die Nordostpassage
verkehren. Dies betrifft vor allem das Containeraufkommen, da hier aufgrund der
Beilademärkte (z.B. Indien und der Mittlere Osten) immer ein Teil über die Suezroute
laufen wird.
Welche Herausforderungen müssen also in den kommenden Jahren angegangen
werden, damit die identifizierten Potenziale der Nordostpassage realisiert werden
können? Abgesehen von den klimatischen Voraussetzungen muss der Seeweg
vollständig erforscht sein und eine professionelle Eisbeobachtung und -vorhersage
muss vorhanden sein. Zudem müssen die notwendigen Support-Systeme (Such-,
Rettungs- und Bergungsinfrastrukturen, garantierter Eisbrecherservice etc.) bei
Bedarf verfügbar sein. Darüber hinaus müssen die Vorschriften praktikabel sein
und die Gebühren für die Passage sich auf einem marktfähigen Niveau befinden. Bei Betrachtung der genannten Anforderungen scheint in Zukunft die Nutzung der
Route in erster Linie vom Engagement der russischen Regierung abzuhängen, die
als einzige Akteurin wirklich grossen Handlungsspielraum besitzt. Sie kann dafür
sorgen, dass die Risiken minimiert werden, indem Investitionen in den Ausbau des
Seewegs getätigt werden. Wenn die Support-Systeme in den kommenden Jahren
auf den von den Reedern gewünschten Standard gebracht werden, die Nutzungsgebühren
sich auf einem marktfähigen Niveau befinden und die Vorschriften
praktikabel sind, könnte der Seeweg tatsächlich bis 2030 an Fahrt gewinnen, womit
Verkehr beziehungsweise die dahinter stehende Routenwahl zwischen Asien
und Europa verlagerbar wäre.
eine dynamische Entwicklung beobachten. Bei immer stärker zunehmender Verknüpfung
der Welthandelspole und dem damit verbundenen Aufkommenszuwachs
im Güterverkehr stellt sich die Frage, wie diese Transportströme in Zukunft bewältigt
werden können. Vor dem Hintergrund der sich ändernden klimatologischen
Verhältnisse auf der Erde könnte die Nordostpassage in Zukunft für den
interkontinentalen Seeverkehr eine alternative Transitroute zwischen Europa und
Asien darstellen.
Die Nordostpassage ist von der Distanz her die kürzeste Schifffahrtsverbindung
zwischen den europäischen Häfen der Nordrange und den ostasiatischen Häfen
(7‘000 bis 9‘000 nm). Die Distanzersparnis kann im besten Fall rund ein Drittel
der Suezroute betragen.
Trotz zahlreicher Forschungsvorhaben fehlen detaillierte Aussagen zum künftigen
Nutzungspotenzial der Nordostpassage, welche sich aus den globalen Handelsströmen
ergeben könnte. Die vorliegende Arbeit will ein Teil dazu beitragen, diese
Lücke zu schliessen. Hauptziel dieser Forschungsarbeit ist es, zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten
dieser Meeresstrasse als Alternative zu den bestehenden Transitrouten
einzuschätzen und das potenzielle Transportaufkommen für Transitrelationen
auf der Nordostpassage zu quantifizieren.
Bei der Beantwortung dieser Frage wurde ein breiter Mix von verschiedenen Methoden
eingesetzt. Neben der Sekundäranalyse von Literatur, Statistiken und anderen
Informationsgrundlagen wurden im Rahmen der Modellberechnungen sowohl
quantitative als auch qualitative Analysemethoden eingesetzt. Quantitativ im Sinne
von Zusammentragen, Analysieren, Aufbereiten, Auswerten und Prognostizieren
umfassender Datenreihen im Rahmen der Modellberechnungen, qualitativ
durch den Szenariobeschrieb, den Workshop und diverse Expertengespräche. Vor dem Hintergrund der Fragestellung wurde im Rahmen dieser Forschungsarbeit
ein Modell zur Abschätzung des Aussenhandelsaufkommens bis zum Jahr
2050 für die Einzugsgebiete der Nordostpassage entwickelt. Das Aussenhandelsmodell
besteht aus einer Methodenmischung von ökonometrischen und qualitativen
Verfahren. Die Abschätzung der Aufkommen basiert auf ökonometrischen
Analysen von Zusammenhängen zwischen sozioökonomischen Rahmendaten und
Aussenhandelsdaten der beteiligten Länder für die Vergangenheitsentwicklung.
Geeignete Zusammenhänge wurden anschliessend bis zum Jahr 2050 fortgeführt
und zur Quantifizierung der Handelsströme verwendet. Das Aussenhandelsmodell
besteht aus zwei Modellteilen: Einem Leitdatenmodell und einem Aufkommensmodell.
Die Ergebnisse des Aussenhandelsmodells beinhalten die Entwicklung
des Aussenhandelsaufkommens auf der Handelsrelation zwischen Europa und
Asien/Ozeanien/Australien. interkontinentaler
Seeverkehre konnten die Potenziale der Nordostpassage abgeleitet werden.
Aufgrund des Einflusses der Distanzen auf den verschiedenen Relationen
konnte das Potenzial auf die ostasiatischen Handelspartner Europas eingegrenzt
werden (Japan, Südkorea, China, Hong Kong und Taiwan). Hinzu kommt, dass
aufgrund von zahlreichen Faktoren, wie beispielsweise mangelhafter Infrastruktur,
kurzer Navigationsperiode, hoher Versicherungsprämien, behördlichen Hindernissen
und den hohen Kosten, die Nordostpassage heute noch keine alternative Transitroute
zwischen Europa und Ostasien darstellt.
Es wird davon ausgegangen, dass die Nordostpassage im Jahr 2030 für Massenguttransporte
eine Alternative darstellen kann. Zudem ist nicht auszuschliessen,
dass je nach Entwicklung der oben genannten Faktoren bereits im Jahr 2030 ein
Teil der Containerfracht über die Nordostpassage abgewickelt werden kann. Bis
zum Jahr 2050 ist dann mit einer weiteren Verbesserung der Nutzungsbedingungen
auf dem Seeweg zu rechnen.
Die im Rahmen dieser Arbeit ermittelten Potenziale in Höhe von 441 Mio. Tonnen
für das Jahr 2050 stellen ein maximaltheoretisches Potenzial für die Nordostpassage
dar. Realistischerweise wird davon nur ein Teil über die Nordostpassage
verkehren. Dies betrifft vor allem das Containeraufkommen, da hier aufgrund der
Beilademärkte (z.B. Indien und der Mittlere Osten) immer ein Teil über die Suezroute
laufen wird.
Welche Herausforderungen müssen also in den kommenden Jahren angegangen
werden, damit die identifizierten Potenziale der Nordostpassage realisiert werden
können? Abgesehen von den klimatischen Voraussetzungen muss der Seeweg
vollständig erforscht sein und eine professionelle Eisbeobachtung und -vorhersage
muss vorhanden sein. Zudem müssen die notwendigen Support-Systeme (Such-,
Rettungs- und Bergungsinfrastrukturen, garantierter Eisbrecherservice etc.) bei
Bedarf verfügbar sein. Darüber hinaus müssen die Vorschriften praktikabel sein
und die Gebühren für die Passage sich auf einem marktfähigen Niveau befinden. Bei Betrachtung der genannten Anforderungen scheint in Zukunft die Nutzung der
Route in erster Linie vom Engagement der russischen Regierung abzuhängen, die
als einzige Akteurin wirklich grossen Handlungsspielraum besitzt. Sie kann dafür
sorgen, dass die Risiken minimiert werden, indem Investitionen in den Ausbau des
Seewegs getätigt werden. Wenn die Support-Systeme in den kommenden Jahren
auf den von den Reedern gewünschten Standard gebracht werden, die Nutzungsgebühren
sich auf einem marktfähigen Niveau befinden und die Vorschriften
praktikabel sind, könnte der Seeweg tatsächlich bis 2030 an Fahrt gewinnen, womit
Verkehr beziehungsweise die dahinter stehende Routenwahl zwischen Asien
und Europa verlagerbar wäre.
Advisors: | Schneider-Sliwa, Rita |
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Committee Members: | Marr, Rudolf L. |
Faculties and Departments: | 05 Faculty of Science > Departement Umweltwissenschaften > Ehemalige Einheiten Umweltwissenschaften > Humangeographie / Stadt- und Regionalforschung (Schneider-Sliwa) |
UniBasel Contributors: | Schneider-Sliwa, Rita and Marr, Rudolf L. |
Item Type: | Thesis |
Thesis Subtype: | Doctoral Thesis |
Thesis no: | 8858 |
Thesis status: | Complete |
Number of Pages: | 297 |
Language: | German |
Identification Number: |
|
edoc DOI: | |
Last Modified: | 02 Aug 2021 15:07 |
Deposited On: | 19 Feb 2010 14:37 |
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