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Cora & Uncas. Interkulturelle Paare in James Fenimore Coopers The Last of the Mohicans: A Narrative of 1757”

Fernández, Alicia. Cora & Uncas. Interkulturelle Paare in James Fenimore Coopers The Last of the Mohicans: A Narrative of 1757”. 2008, Master Thesis, University of Basel, Faculty of Humanities and Social Sciences.

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Abstract

The Spirit that made men, coloured them differently.... Some are blacker than the sluggish bear. These he said should be slaves.... Some he made with faces paler than the ermine of the forests: and these he ordered to be traders.... Some the Great Spirit made with skins brighter and redder than yonder sun... and these did he fashion to his own mind. Mit diesen Worten beginnt Magua seine Rede vor dem Indianerrat. In James Fenimore Coopers (1789-1851) Abenteuerroman The Last of the Mohicans: A Narrative of 1757 (1826 erschienen; in der Folge mit Mohicans abgekürzt) wird immer wieder über die Unterschiede und die Art der Beziehungen zwischen den „roten“ Indianern, den „weissen“ Kolonisten aus Europa und den „schwarzen“ Afrikanern gesprochen.
Die Farbbezeichnungen „Rot“, „Weiss“ und „Schwarz“ stehen in meiner Arbeit, wie für Coopers Zeit üblich, für die Indianer Amerikas, für die Europäer oder Amerikaner europäischer Abstammung und für die Afrikaner oder Amerikaner afrikanischer Herkunft. „Interkulturell“ sind die Beziehungen zwischen Indianern, Schwarzen und Weissen. „Mischehen“ sind Ehen zwischen Angehörigen dieser drei Gruppen. Ihre Kinder sind „gemischt“.
Wie beschreibt Cooper in Mohicans die Indianer, die Schwarzen und die Mulattin Cora? Was schreibt er über interkulturelle Ehen und Kinder aus solchen Ehen? Was verstanden Cooper und seine Zeitgenossen unter savages und civilization? Für was stehen bei Cooper die Begriffe race, class und rich blood, miscegenation, amalgamation und intermingling? Sind die Unterschiede zwischen den drei Farben gemäss Cooper biologisch oder kulturell, angeboren oder anerzogen, fix oder veränderlich?
 Die Interpretation von Coopers Aussagen in Mohicans über die Vermischung der Farben wurde lange von den Meinungen von D. H. Lawrence und Leslie Fiedler geprägt. Gemäss Fiedler war die Vermischung in Coopers Augen ein Fluch, der bestraft gehöre: Cora und Uncas sterben und selbst im Himmel werde ihnen nicht gewährt, ein Paar zu werden. In die gleiche Richtung tendieren Nina Baym, Chester H. Mills und andere: Cooper habe rassistische Stereotypen gebraucht, um die Grenzen zwischen den Farben klar zu definieren. Cooper sei ganz unmissverständlich für eine Trennung der Farben gewesen.
Nur wenige Autoren haben bislang Coopers Bücher im Zusammenhang mit dem Rassendiskurs des frühen 19. Jahrhunderts betrachtet (v.a. James D. Wallace und Barbara A. Mann). Sie kommen zu einem ganz anderen Schluss: Cooper habe in seinen Büchern die Vorurteile gegenüber Indianern, Schwarzen und der Vermischung der Rassen kritisiert. Weil aber die Themen „Rasse“ und „Sex“ im Nordamerika des frühen 19. Jahrhunderts als sehr schwierig galten, konnte Cooper vieles nur mit Metaphern und Codes andeuten. Coopers Zeitgenossen kannten diese „Tricks“, die Leser des 20. und 21. Jahrhunderts kennen sie nicht mehr und haben deshalb Mühe, Cooper zu verstehen.
Auch ich bin der Meinung, dass Cooper in Mohicans die Vorurteile gegenüber Indianern, Schwarzen und der Vermischung der Farben kritisiert hat. Die Ratlosigkeit einiger Kritiker darüber, was Cooper denn nun eigentlich sagen wollte, und die so entgegengesetzten Interpretationen „Rassist“ – „Kritiker des Rassismus“ lassen sich dadurch erklären, dass Cooper in Mohicans nicht nur seine Meinung, sondern sehr viele verschiedene Ansichten zu dem Thema der Vermischung vorgestellt hat. In Mohicans kommen unter anderem zu Wort: der Südstaatler Duncan, der Neuengländer Gamut, der Scout Hawk-eye, der unter den Indianern lebt, der edle Mohikaner Chingachgook und der Bösewicht Magua; die Mulattin Cora und ihr Vater, der schottische Colonel Munro, der sowohl mit einer Weissen als auch mit einer Mulattin verheiratet gewesen ist.
Um Coopers persönliche Meinung herauszulesen, muss man versuchen, Cooper im Rahmen seiner Zeit zu verstehen: Wie beeinflussten die koloniale Expansion, die Indianerpolitik der Vereinigten Staaten von Amerika, die Sklaverei und die Diskussion über deren Abschaffung die Meinung der Weissen über die Indianer und die Schwarzen? Wie war die soziale, rechtliche und politische Stellung von Schwarzen, Indianern und „gemischten“ Menschen in der vorwiegend weissen Gesellschaft der englischen Kolonien und der Vereinigten Staaten von Nordamerika des 18. und frühen 19. Jahrhunderts?
Coopers Vorstellungen über Religion und Moral wurden bei der Interpretation von Mohicans bislang kaum berücksichtigt. Sie spielen aber in Coopers Büchern eine grosse Rolle. Cooper wollte moral fiction schreiben. Ein Roman sollte nicht nur unterhalten, sondern sich auch immer an das Gewissen und die Moral seiner Leser richten. Ein guter Autor, schreibt Cooper, müsse bei seinen Lesern erreichen, dass „our interests and prejudices disappear“. Eine wichtige Rolle spielen in Coopers Romanen die moral gentlemen. Sie vertreten all jene Werte und den tiefen religiösen Glauben, den auch Cooper teilte. Um unter den vielen Figuren in Coopers Büchern denjenigen zu finden, der am wahrscheinlichsten Coopers persönliche Meinung vertritt, muss man den moral gentleman der Geschichte suchen. Wenn man Coopers Aussagen zu den Schwarzen und Indianern im fiktiven Reisebericht Notions of the Americans: Picked up by a Travelling Bachelor (1828) und in seinen Briefen berücksichtigt, drängt sich Colonel Munro als Vertreter von Coopers persönlicher Meinung in Mohicans auf. Wie Cooper verurteilt auch Munro die Sklaverei.
Gemäss Cooper gibt es Unterschiede zwischen Schwarzen, Indianern und Weissen. Diese Unterschiede sind, bis auf einige physiologische Merkmale, nicht angeboren und unveränderlich, sondern kulturell. Man wird in eine Kultur oder -stufe hineingeboren und erlernt ihre customs, habits und manners. Der Hauptunterschied zwischen den Weissen und den Indianern ist, so Cooper, der unterschiedliche kulturelle Entwicklungsstand. Gemäss der damals gültigen Theorien über die lineare Entwicklung von Gesellschaften und Kulturen (savagery – barbarism – civilization), befanden sich die meisten Indianer noch auf einer tieferen kulturellen Entwicklungsstufe als die Weissen. Eine Entwicklung hin zu der Stufe der „Zivilisation“, welche der europäischen bzw. euroamerikanischen Gesellschaft entsprach, war aber nur eine Frage der Zeit. In den Augen Coopers waren einige Indianer bereits „zivilisiert“ und damit den weissen Nordamerikanern gleich. Cooper hat die Bezeichnung savage sowohl im Sinne von grausam und brutal gebraucht, als auch wertneutral, um die Lebensweise und kulturelle Entwicklungsstufe der verschiedenen Indianerstämme zu beschreiben.
Cooper hat die damals weit verbreiteten Indianerbilder des „edlen Wilden“ und des „roten Teufels“ genutzt, um im Roman den Gegensatz zwischen den Guten und den Bösen zu verdeutlichen. Aber auch seine bösen Huronen sind „nur“ Menschen, die um ihre Kinder trauern und zum gleichen Gott beten wie die Weissen. Charakterlich sind die Weissen und die Roten gleich. Es gibt auf beiden Seiten gute und weniger gute Menschen. Angeboren sind nur persönliche Charakterzüge und Talente, der grosse Rest sind customs, habits und manners, die man erlernt. Aus diesem Grund ist es für Duncan auch möglich, die indianische Sprechweise und Kampfart anzunehmen. Uncas hingegen hat durch den Kontakt mit den Weissen sein Verhalten gegenüber Frauen verändert.
Während Magua, der Bösewicht der Erzählung, glaubt, dass die Menschen von Gott unterschiedlich erschaffen worden seien und jede Farbe einen bestimmten Platz habe, sagt der moral gentleman Munro, dass die Menschen vor Gott alle gleich seien, unabhängig von Geschlecht, Rang oder Farbe. Auf der Erde aber würden Vorurteile dafür sorgen, dass nicht alle als gleich angesehen werden. Dies ist auch einer der Gründe, wieso es gemäss Cooper kaum Ehen zwischen Schwarzen und Weissen gäbe. Neben dem persönlichen Geschmack würden die Vorurteile gegenüber den Schwarzen verhindern, dass Weisse und Schwarze heiraten. Diese Vorurteile würden durch die Institution der Sklaverei geschaffen und auf die freien Schwarzen übertragen. Das führe dazu, dass die freien Schwarzen kaum sozial aufsteigen könnten. Der gesellschaftliche Klassenunterschied ist gemäss Cooper der Hauptgrund, wieso Schwarze und Weisse selten zusammenfinden; Klassenunterschiede seien aber nicht unüberwindbar. Häufiger seien Ehen zwischen Indianern und Weissen. Das liege daran, dass der physische Unterschied nicht so gross sei, und dass die Indianer nie Sklaven gewesen seien. Cooper war der Meinung, dass Ehen zwischen Indianern und Weissen in Zukunft schneller akzeptiert werden würden. Viele Weisse seien stolz darauf, unter ihren Vorfahren Indianer zählen zu können.
Weil es in Coopers Zeit schwierig war, über Mischehen zu schreiben, hat Cooper sie in Mohicans vor allem angedeutet: in der Herkunft von Cora und von Hawk-eye, in den Beziehungen von Cora zu Duncan, Uncas und Magua. Nur zweimal wird ausführlicher über interkulturelle Paare gesprochen: während der Begräbniszeremonie wird aus Cora und Uncas ein „himmlisches“ Paar gemacht; ganz und gar nicht „himmlisch“, sondern sehr real, wenigstens im Roman, sind oder waren Coras Eltern. Cooper hat des Weiteren mit Codes und Metaphern gearbeitet: Blut ist manchmal rot, dann ist es weiss; es kann verblassen und aus weissen Adern fliesst rotes Blut. Hautfarben sind fast nie, was sie scheinen: Duncan und Gamut werden „farbig“, Cora erbleicht und errötet, Hawk-eye ist ein etwas zu roter pale-face, der düstere Magua ist eigentlich tawny, Uncas‘ indianische Farbe verblasst durch die geographische Entfernung zu seinem Stamm. Farben, Blut und Aussehen werden so durcheinander „gemischt“ und von Cooper so „ausgespielt“, dass es fast schon lächerlich ist. Ist es das, was Cooper erreichen wollte, dass es lächerlich sei, auf das Äussere eines Menschen und auf ein vermeintlich „farbiges“ Blut zu schauen, um Unterschiede zu suchen?
Mit Cora, dem „Herz“ (lat. cor) der Erzählung, hat Cooper eine leading lady erschaffen, die weder dem damals gängigen Typ der Hauptheldin entsprach, noch dem Stereotyp der hässlichen Mulattin. Im Gegenteil, Coras‘ Schönheit, ihr Edelmut und ihr tadelloses Benehmen werden immer wieder betont. Ihr rich blood, zunächst ein Code für die „Verunreinigung“ ihres Blutes, wird im Laufe der Erzählung zu etwas „Reichem“ und „Wertvollem“. Mit Cora ist es Cooper gelungen zu zeigen, in welcher aussichtslosen Lage ein „gemischter“ Mensch sich befinden kann, wenn die Gesellschaft ihn nicht akzeptiert. Mit Hawk-eye, der wahrscheinlich halb indianischer Herkunft ist, zeigt Cooper, dass man zwei Kulturen durchaus zum Vorteil aller verbinden kann. Die beiden biologischen „Mischlinge“ in Mohicans sind zwei Menschen, die zwar auch Fehler haben und machen, die aber ebenso jene Werte verkörpern, die Cooper über alles geschätzt hat: sie haben einen tiefen Glauben, sind ehrlich und loyal, beherrscht und bescheiden und üben sich in Nächstenliebe und Demut.
Leslie Fiedler hat geschrieben, dass die Vermischung der Rassen das geheime Hauptthema von Mohicans sei. Es stimmt, dass die Vermischung der Farben nur zwei Mal ausführlich angesprochen wird. Aber sowohl in der Mitte des Buches (Gespräch zwischen Munro und Duncan in Kapitel 16), als auch im letzten Kapitel (Begräbnis von Cora und Uncas) steht das „geheime“ Thema im Vordergrund. Wirklich geheim ist es eigentlich nie, da schon im Epigraph gerade nach dem Buchtitel gesagt wird, um was es in der Erzählung gehen wird: Mislike me not, for my complexion, The shadowed livery of the burnished sun. (The Merchant of Venice, II.i.1-2). Vorurteile gegenüber anderen Farben sollen abgebaut werden!
Ein anonymer Kritiker der United States Literary Gazette hat sich 1826 gefragt, wieso am Ende des Buches plötzlich der Tod von Cora und Uncas die Hauptkatastrophe sei. Vielleicht weil Cooper wollte, dass der Tod von Cora und Uncas als eine Katastrophe empfunden wird? Cooper wollte moral fiction schreiben. Er wollte an das Gewissen und die Moral der Leser appellieren. In der Person der Cora hat er das „Resultat“ einer Mischehe vorgestellt: Cora ist eine perfekte Lady und wird von allen bewundert. Hätte Cooper aus ihr die Frau eines Indianers gemacht, wäre das für die meisten Leser verständlich gewesen. Cora war ja schliesslich selber etwas „farbig“. Ähnliches gilt für den edlen Uncas. Durch die Heirat mit Cora wäre er ein Indianer geblieben –  ein verheirateter Indianer und kein junger edler Krieger mehr.
Indem Cooper Cora und Uncas aber hat sterben lassen, hat er in seinen Lesern Mitleid geweckt. Diese wünschen sich, dass Cora und Uncas überlebt hätten und ein Paar geworden wären. Auf diese Weise hat Cooper vielleicht erreicht, dass in manchen seiner zeitgenössischen und späteren Lesern die Vorurteile gegenüber Schwarzen, Indianern und Mischehen ein klein wenig abgebaut worden sind beziehungsweise noch werden.
Advisors:Freiherr von Müller, Achatz
Faculties and Departments:04 Faculty of Humanities and Social Sciences > Departement Geschichte > Ehemalige Einheiten Geschichte > Geschichte des Mittelalters (Freiherr von Müller)
UniBasel Contributors:Freiherr von Müller, Achatz
Item Type:Thesis
Thesis Subtype:Master Thesis
Thesis no:UNSPECIFIED
Thesis status:Complete
Last Modified:12 Mar 2018 07:57
Deposited On:06 Feb 2018 11:24

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