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Perzeption und Repräsentation des Meeres um 1600

Hilfiker, Franziska. Perzeption und Repräsentation des Meeres um 1600. 2015, Doctoral Thesis, University of Basel, Faculty of Humanities and Social Sciences.

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Official URL: https://edoc.unibas.ch/60220/

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Abstract

Im Kontext der expansiven Bewegungen, die um 1600 von den europäischen Gestaden ausgingen, entstanden diverse Reiseberichte und Logbücher, in denen die Begegnung mit dem Meer, die Bewältigung der 'maritimen Passagen' festgehalten wurde. Die Forschung, die bei Fragen nach Wahrnehmung und Darstellung bevorzugt den Fokus auf die Entdeckung und Erkundung terrestrischer Gebiete sowie auf das Zusammentreffen von Europäern mit Indigenen gelegt hatte, widmet sich nun seit einigen Jahren mit verstärktem Interesse auch dem Meer. Daran möchte sich das vorliegende Dissertationsprojekt anschliessen und die Perzeption und Repräsentation des Meeres - oder genauer: verschiedener Meeresräume - ins Zentrum der Betrachtung rücken. Dabei sollen schrittweise unterschiedliche maritime Räume wie das arktische Meer, die Magellanstrasse sowie das pazifische Meer und die kleinen Meerengen um die diversen Südostasiatischen Inseln auf die Frage hin untersucht werden, wie der Raum der See wahrgenommen und in die im Kontext der Reisen entstandenen Medien als Bedeutungsraum integriert worden war. Mit welchen sprachlichen und grafischen Mitteln wurde die See beschrieben? Wie wurde ein von seinem fluiden Charakter her solch intrinsisch ungreifbarer Raum einem mehrheitlich See-unerfahrenen Leserkreis vermittelt?
Wenn von der Wahrnehmung des 'Meeres' geschrieben wird, gilt die Frage also nicht einer generalisierten 'Ozean-Fläche', sondern vielmehr einzelnen Meeres-Orten. Dies erlaubt es, die im Vorfeld der Reise ausgearbeiteten, in den Berichten niedergeschriebenen und durch die Kollektion und (Neu-)Kombination der einzelnen 'losen' Reisebeschreibungen in Sammlungen wie Richard Hakluyts Principal Navigations akkumulierten Spezifika bestimmter Meeres-Orte und ihre Verbindung zum Stichwort der kolonialen Konkurrenz in den Blick zu nehmen. Was machte bestimmte Meere, wie zum Beispiel das Nordmeer um die heutige Baffin Insel, zu Räumen von zeitlich begrenzter, jedoch deswegen nicht weniger distinguiert propagierter (im erwähnten Fall englischer) Monopolstellung? Was lässt sich aus dem Quellenmaterial bezüglich der Frage nach nationalen Identitätsentwürfen sowie Abgrenzungsbestrebungen gegenüber anderen europäischen Seemächten durch die praktische wie auch diskursive Verknüpfung mit einem ganz spezifischen Meeresraum und dessen (klimatischen, navigationstechnischen etc.) Besonderheiten herauslesen? Und welche Funktionen übernehmen maritime Räume wie zum Beispiel das Fretum Magellani oder einzelne 'sea-spots' im Atlantik und Pazifik, die sich gerade gegenteilig als 'spaces of friction', als Meeresräume kolonialer Reibung erweisen?
Weiter geraten nicht nur Gebiete auf hoher See, sondern auch die seichten Gewässer der Küstenzonen in den Fokus, denn in und an diesen Uferzonen spielten sich oft die ersten Kontakte zwischen Europäern und Indigenen ab. Dabei soll aufgezeigt werden, wie gerade durch die Feststellung der europäischen Reisenden und ihrer narrativen Verarbeitung des völlig 'anderen' Umgangs der an den 'shorelines' lebenden Indigenen mit dem Meer - sei es auf den Eisschollen des Nordmeers, an den 'wilden' Küsten der Magellanstrasse oder auf den in den europäischen Augen 'paradiesischen' Inseln der Südsee - Grenzziehungen und Alteritätszuschreibungen konstituiert wurden.
Neben der Untersuchung, wie das Erlebnis der See / der physische Kontakt mit dem Meer in den Reiseberichten und Bordjournalen festgehalten wurde - inwiefern also das Meer als tatsächlich erlebter Ort in Europa um 1600 immer mehr Präsenz bekam -, liegt ein besonderes Interesse des Dissertationsprojektes bei der Frage, auf welche Weise das Meer in den Quellen als Projektions- und Imaginationsraum fungierte. Es soll danach gefragt werden, wie im Vorfeld sowie während der Reise 'angefertigte' Konstruktionen verschiedener Seeräume in die Erlebnisberichte eingeflochten wurden, was dieses Oszillieren von Meeres-Erlebnis und Meeres-Imagination in der narrativen Struktur der Reiseberichte bewirkte und inwiefern es Argumentations- und Rechtfertigungsstränge (bestehender wie auch angehender) See- und Kolonialmächte zu steuern vermochte.
Als Quellenmaterial im Zentrum der Untersuchung stehen im Zeitraum von ca. 1550-1650 entstandene Reiseberichte, Bordjournale und Logbücher europäischer Seereisender, doch werden ebenso weitere Dokumente miteinbezogen, welche die projektierte und imaginäre Konstruktion von maritimen Räumen und deren Verheissungen generierten sowie das praktische Erleben und empirische Erfassen der See dokumentierten: im Vorfeld der Schifffahrten entstandene Propagierungsschriften, von königlicher Hand ausgearbeitete Expeditions-Instruktionen, Navigationsdefinitionen, hydrografische Schriften, auf den Reisen angefertigte Notiz-Zeichnungen, in den Berichten abgedruckte Holzschnitte und Kupferstiche, wie auch kartografisches Material.
Ziel des Dissertationsprojektes "Perzeption und Repräsentation des Meeres um 1600" ist es, das diskursive (V-)Erarbeiten verschiedener maritimer Räume und ihrer vielschichtigen (Be-)Deutungsebenen in den im Kontext der frühen kolonialen Expansion entstandenen Medien sichtbar zu machen.
Advisors:Burghartz, Susanna
Faculties and Departments:04 Faculty of Humanities and Social Sciences > Departement Geschichte > Ehemalige Einheiten Geschichte > Renaissance und frühe Neuzeit (Burghartz)
UniBasel Contributors:Hilfiker, Franziska and Burghartz, Susanna
Item Type:Thesis
Thesis Subtype:Doctoral Thesis
Thesis no:UNSPECIFIED
Thesis status:Complete
Last Modified:12 Mar 2018 07:58
Deposited On:06 Feb 2018 11:25

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