Link, Fabian. Die Burg Laupen in Üechtland. Archäologie, Baugeschichte und Geschichte einer hochmittelalterlichen Burg. 2006, Master Thesis, University of Basel, Faculty of Humanities and Social Sciences.
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Official URL: https://edoc.unibas.ch/60339/
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Abstract
Danksagung
Die vorliegende Lizentiatsarbeit umfasst eine archäologische, baugeschichtliche und eine historische Auswertung des Schlosses Laupen von der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts bis 1400. Der künstliche Einschnitt musste aufgrund der universitären Vorgabe von höchstens 90 Seiten Umfang vorgenommen werden. Die Arbeit kam unter der Leitung von Prof. Dr. em. Werner Meyer (Universität Basel) und Dr. Daniel Gutscher (Leiter der Abteilung Mittelalter, Archäologischer Dienst des Kantons Bern ADB) zustande. Auf Anregung von Dr. Daniel Gutscher konnte die bis dato hin noch nicht systematisch ausgewertete Dokumentation der verschiedenen Grabungen und Bauutersuchungen, die während der Schlossrenovation von 1983-88 durchgeführt wurden, als Grundlage einer Lizentiatsarbeit im Bereich der Mittelalterarchäologie genutzt werden. Hierzu bedurfte es einer Vereinigung von archäologischer Dokumentation und bauhistorischer Analyse, die von Dr. Jürg Schweizer (Leiter der kantonalen Denkmalpflege des Kantons Bern KDp) erstellt worden war. Verbunden mit dem historischen Kontext konnte ein umfassendes Bild der frühen Bau- und Besitzergeschichte des Schlosses Laupen bewerkstelligt werden. Den angeführten Personen sei herzlich gedankt für ihre stetige Bereitschaft, dem Verfasser mit einschlägiger Hilfe zur Seite zu stehen.
Einführung
Ähnlich anderen Kantonen in der Schweiz besitzt der heutige Kanton Bern eine Vielzahl an Schlössern und Burgen; steinerne und bei entsprechendem Nachweis auch hölzerne und erdene Zeugen einer aktiven Territorialpolitik und eines Landesausbaus der hohen und niederen Adelsgeschlechter im Hochmittelalter. Bis in das ausgehende Mittelalter behielten diese Bauwerke ihre repräsentative Bedeutung bei. Die Tiefenzonen des schweizerischen Mittellandes, das untere Emmental und der Oberaargau sowie die Plateaus und Hügel der höheren Molassezone von Romont bis über das Üechtland gelten als Schwerpunkte des mittelalterlichen Burgenbaus in den heutigen Kantonen Bern (BE) und Freiburg (FR). Nach populärer Meinung zählen zu den ältesten dieser Burgen und späteren Schlösser Burgdorf, das Schloss Thun und das Schloss Laupen, das gemeinhin sogar als eine der ältesten ehemaligen Burganlagen betrachtet wird. Diese frühe Datierung geht auf die Annahme zurück, König Rudolf III. von Hochburgund habe im beginnenden 11. Jahrhundert mehrere Urkunden auf der Burg Laupen ausgestellt.
Als im Frühjahr 1983 ein bewilligter Kredit für eine umfassende Bausanierung des Schlosses Laupen und des von der fortschreitenden Zerklüftung bedrohten Schlossfelsens vorlag, wurde eine eingehende Bauuntersuchung des historischen Bestandes dieses Bauwerks durch den heutigen kantonalen Denkmalpfleger und Kunsthistoriker Dr. Jürg Schweizer zwingend erforderlich. Dies war besonders dringlich, weil bis dahin die ältere Baugeschichte des Schlosses Laupen nicht zufriedenstellend hatte erforscht werden können: Bei dem oft als «ältester Profanbau des Kantons» beschriebenen Baukomplex konnte nur die jüngere Baugeschichte in ihren Anfängen skizziert werden, nicht aber die seit der Erbauung der Burg zahlreich durchgeführten Baumassnahmen und Umbauten. Weil schriftliche Dokumente weitgehend fehlen, war die Untersuchung und Dokumentation der durch die Sanierung in ihren Informationen und Befunden in Gefahr geratenen mittelalterlichen Bausubstanz in kurzer Zeit mit einem grösstmöglichen Gehalt an Ergebnissen zu bewältigen. Dazu gehörte die exakte Analyse der Mauerverbände und -strukturen, der Wandöffnungen, Baunähte und Baufugen, des Mörtels, der Reste des Verputzes, des Bauholzes und der Holzverbindungen, die in ihrer Gesamtheit möglichst umfassend untersucht werden mussten und Grundlage der Lizentiatsarbeit sind. Die Bauuntersuchung und Dokumentation konnte sich dabei auf Seminararbeiten von Studenten der Architekturgeschichte der Jahre 1979 und 1986 unter der Leitung von Ulrich Bellwald (Universität Bern) stützen.
Ein zweites Schwergewicht der folgenden Bearbeitung ruht auf der Auswertung der Grabungen innerhalb des Schlossgeländes Laupen, die vor und während der Sanierungskampagne durchgeführt wurden. Die archäologische Dokumentation erfolgte zum Teil noch vor der Einrichtung der Abteilung Mittelalter im ADB im Jahr 1984, die von Dr. Daniel Gutscher übernommen wurde, weshalb die Grabungsdokumentation methodische und dem heutigen Standard nicht mehr entsprechende Mängel aufweist, die sich negativ auf die Befundauswertung der vorliegenden Lizentiatsarbeit auswirkten.
Hauptergebnisse
Weder die Befundlage der archäologischen Dokumentationen noch die bauanalytischen Untersuchungen und schon gar nicht die mageren Bodenfunde ergaben – abgesehen von sehr unsicheren Hinweisen – neue Aufschlüsse über eine erste «Holz- und Erdburg Laupen». Die vermutete Holzbauperiode muss weiterhin Hypothese bleiben. Eine detaillierte historische Untersuchung der oft erwähnten Urkunden, die König Rudolf III. von Hochburgund auf der Burg Laupen ausgestellt habe, erbrachten folgendes Bild: In der Berner Quellensammlung Fontes Rerum Bernensium findet sich keinerlei Erwähnung dieser angeblichen Urkunden für die Zeit von 1014-1029. In der umfassenden Urkundensammlung der Monumenta Germaniae Historica liegt eine Urkunde vor, die als Ausstellungsort ein «Logis castello» angibt, was von den Herausgebern als «La Loye» übersetzt wird. Dieses Schriftstück datiert ins Jahr 1016 oder 1013 (?). In Verbindung mit dem westschweizerisch-romanischen Namen «Loyes» für «Laupen», könnte ein Hinweis auf die Burg Laupen erbracht sein. Aus der Urkundensammlung von Chevalier kann eine von Rudolf III. am 21. Februar 1015 ausgestellte Urkunde aufgeführt werden, die als Ausstellungsort ein «Actum Logis castello» angibt. Der Urkunde ist zu entnehmen, dass Rudolf III. seiner Gemahlin Irmingrad Besitzungen an der Isère schenkt. Zu vermuten wäre, dass sich der Berner Historiker Heinrich Türler auf dieses Schriftstück bezog. Auch für das Jahr 1029 finden sich zwei Urkunden mit Ausstellunsgort «La Loye», was lateinisch mit «Logis» übersetzt wird. Im Recueil des Chartes ist eine Urkunde aus dem Jahr 1029 ediert – ausgestellt von einem «Humbertus, cancellarius [dt. Vorsteher, Kanzleivorsteher]» auf Betreiben Rudolfs III. von Hochburgund – mit dem Ausstellungsort «Actum Logis». Darin ist festgehalten, dass Rudolf III. auf die Bitte des Grafen Rainaud die Kirche und das Kloster von Saint-Nicolas zu Vaux bei Poligny im Bistum Besançon dem Kloster Cluny zum Geschenk machte. Dieselbe Urkunde ist in der Monumenta Germaniae Historica erwähnt. In der zweiten Urkunde bestätigt Rudolf III. den Kanonikern von Saint-Anatoile in Salins die ihnen gemachten Schenkungen. Weiter verleiht er ihnen das Recht der Salzgewinnung, weist ihnen die umliegenden Weinberge sowie die Villa Arlod zu und verbietet Verlehnung und Entfremdung. Zusammenfassend kann nicht gesagt werden, ob sich die erwähnten Urkunden tatsächlich auf Laupen als Ausstellungsort beziehen. Daher müssen aus quellenkritischer Sicht grösste Zweifel an der Identifikation der Urkunden mit der Burg Laupen vorgebracht werden.
Aus archäologischer Perspektive kann die erste Burgphase (Phase I) mit grosser Wahrscheinlichkeit mit der Errichtung des ersten Wohnturms und der ersten Ringmauer in den Zeithorizont der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts bis zum beginnenden 13. Jahrhundert, vermutlich in die Zeit um 1200, gesetzt werden. Somit wäre die erste Burganlage Laupens als eine Turmburg anzusprechen. Trifft diese Interpretation zu, so muss die Erbauer- und Besitzergeschichte zugunsten der Zähringer oder allenfalls der in Abhängigkeit von ihnen stehenden Grafen von Laupen-Sternenberg revidiert werden, deren territorialer Landesausbau im Üechtland bereits im 11. Jahrhundert, aber v.a. im Laufe des 12. Jahrhunderts und dem beginnenden 13. Jahrhundert gut mit der ersten Burgphase Laupens einhergehen würde. In Verbindung mit den zahlreichen Stadtgründungen und -erweiterungen durch die Zähringer, kann auch eine vermehrte Bautätigkeit in der Zeit um 1200 auf vielen Burgstellen im Gebiet des heutigen Kantons Bern festgestellt werden.
Die für die heute noch sichtbare und formgebende Gestalt des Schlosses Laupen wichtigen Phasen (Phasen II und III) gehen aber hauptsächlich auf das 13. und 14. Jahrhundert zurück. Daher muss die Behauptung von der «ältesten Profananlage des Kantons Bern» sicher verworfen werden. Unter zähringischem Baueinfluss manifestierte sich die ausschliesslich in Steinbau gehaltene Errichtung von mächtigen Festungs- und Wohntürmen sowie kräftigen Wehrmauern. Das baulich eindrückliche Schloss Burgdorf oder die Städte Bern, Freiburg im Breisgau oder Solothurn seien hierfür als Beispiele genannt. Manche dieser Steinburgen haben mit Sicherheit ältere Erd- und Holzburgen ersetzt oder sind in der Nähe früherer Befestigungen errichtet worden, was aber im Falle der Burg Laupen nicht belegbar ist. Schon allein aufgrund des in dieser Phase planerisch bereits miteinbezogenen Palasgebäudes und des vortrefflichen Steinmaterials aus qualitativ guten und grösstenteils sorgfältig zu Bossen behauenen Tuffsteinquadern der Wehrmauern, muss die Burg Laupen der Phase II sicher als Reichsburg interpretiert werden. Dabei sollte bedacht werden, dass für die Errichtung solch gewaltiger Ringmauern eine leistungsfähige Bauequipe – bestehend aus Steinmetzen, Maurern und Bauarbeitern – notwendig gewesen sein muss. Demnach muss die aufwendig zu bewerkstelligende Phase II in Zeiten der wirtschaftlichen Blüte oder aber von Bauherren geschaffen worden sein, die die nötigen finanziellen Mittel dafür aufzubringen vermochten. Für die Besitzergeschichte des Schlosses Laupen würde dies bedeuten, dass es durchaus vorstellbar wäre, dass zähringische Burgherren für diesen Grossausbau verantwortlich gewesen waren.
Aufgrund der in der Folgezeit belegten und zeitlich dicht aufeinander folgenden Besitzerwechsel dürfen wohl die gerade im späten 13. Jahrhundert erfolgten Ausbauphasen den Savoyern oder den Habsburgern zugeschrieben werden. Dazu gehören sicher die Ausbauten des Westhofs und die Errichtung des wuchtigen Palas mit seiner repräsentativen Bauform, die gut korreliert mit dem Höhepunkt des hochmittelalterlichen Burgenbaus. Mit dem Übergang an die mächtige Stadt Bern 1324 finden die Wirrungen der Besitzerwechsel ihren Abschluss. Alle Umbau- und Ausbauphasen dürfen daher nach dieser Zeit den landvogteilichen Baubestrebungen der Stadt Bern zugeschrieben werden.
Aufgrund der damaligen wissenschaftlichen Vorgehensweise einer strengen Trennung zwischen Archäologie und Untersuchungen am aufgehenden Mauerwerk, konnte eine Synthese nur unter Einschränkungen vorgenommen werden. Die aus der Methodik resultierenden Divergenzen des Dokumentationsstandes des ADB und der KDp bewirkten auch eine unterschiedliche Dichte an Informationen. Weiter konnten aufgrund der mangelhaften schriftlichen Befunderklärungen und Fundzuweisungen jene Befunde, die zur Laufzeit der jeweiligen Grabung nicht erkannt worden sind, kaum mehr nachgeholt werden. Noch magerer die Fundsituation: Nebst den wenigen hochmittelalterlichen Funden, die weit unter der üblichen Erwartung liegen, kann in keiner Weise von einer die Siedlungsstrukturen auf der Burg Laupen repräsentierenden Fundsituation gesprochen werden.
Ausblick
Weil das Schloss Laupen nach dem Kauf durch die Stadt Bern 1324 zum festen Sitz der ersten bernischen Landvogtei geworden ist und bis zum heutigen Tage als Statthalteramt genutzt wird, muss eine umfassende Auswertung aller Bauphasen und historischen Hintergründe bis in die jüngste Zeit erfolgen. Die letzte von insgesamt sieben zusammengefassten Phasen stellt die Sanierungskampagne von 1983-88 dar. Zahlreiche Baumassnahmen und funktionale Umgestaltungen der frühen Neuzeit bis in die Moderne müssen in diese Auswertung einfliessen. Dem Verfasser wurde aus diesen Gründen von Dr. Daniel Gutscher die Möglichkeit einer weiteren Bearbeitung der noch ausstehenden Bauphasen (Phasen IV-VII) des Schlosses Laupen und einer Überarbeitung der Lizentiatsarbeit mit dem Ziel einer monographischen Publikation eröffnet. Das Projekt der umfassenden Auswertung der archäologischen und bauanalytischen Ergebnisse sowie die Verschränkung mit den historisch sicher belegten Fakten ist momentan in Bearbeitung und sollte bis Ende Juni dieses Jahres zu einem Abschluss gebracht werden.
Die vorliegende Lizentiatsarbeit umfasst eine archäologische, baugeschichtliche und eine historische Auswertung des Schlosses Laupen von der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts bis 1400. Der künstliche Einschnitt musste aufgrund der universitären Vorgabe von höchstens 90 Seiten Umfang vorgenommen werden. Die Arbeit kam unter der Leitung von Prof. Dr. em. Werner Meyer (Universität Basel) und Dr. Daniel Gutscher (Leiter der Abteilung Mittelalter, Archäologischer Dienst des Kantons Bern ADB) zustande. Auf Anregung von Dr. Daniel Gutscher konnte die bis dato hin noch nicht systematisch ausgewertete Dokumentation der verschiedenen Grabungen und Bauutersuchungen, die während der Schlossrenovation von 1983-88 durchgeführt wurden, als Grundlage einer Lizentiatsarbeit im Bereich der Mittelalterarchäologie genutzt werden. Hierzu bedurfte es einer Vereinigung von archäologischer Dokumentation und bauhistorischer Analyse, die von Dr. Jürg Schweizer (Leiter der kantonalen Denkmalpflege des Kantons Bern KDp) erstellt worden war. Verbunden mit dem historischen Kontext konnte ein umfassendes Bild der frühen Bau- und Besitzergeschichte des Schlosses Laupen bewerkstelligt werden. Den angeführten Personen sei herzlich gedankt für ihre stetige Bereitschaft, dem Verfasser mit einschlägiger Hilfe zur Seite zu stehen.
Einführung
Ähnlich anderen Kantonen in der Schweiz besitzt der heutige Kanton Bern eine Vielzahl an Schlössern und Burgen; steinerne und bei entsprechendem Nachweis auch hölzerne und erdene Zeugen einer aktiven Territorialpolitik und eines Landesausbaus der hohen und niederen Adelsgeschlechter im Hochmittelalter. Bis in das ausgehende Mittelalter behielten diese Bauwerke ihre repräsentative Bedeutung bei. Die Tiefenzonen des schweizerischen Mittellandes, das untere Emmental und der Oberaargau sowie die Plateaus und Hügel der höheren Molassezone von Romont bis über das Üechtland gelten als Schwerpunkte des mittelalterlichen Burgenbaus in den heutigen Kantonen Bern (BE) und Freiburg (FR). Nach populärer Meinung zählen zu den ältesten dieser Burgen und späteren Schlösser Burgdorf, das Schloss Thun und das Schloss Laupen, das gemeinhin sogar als eine der ältesten ehemaligen Burganlagen betrachtet wird. Diese frühe Datierung geht auf die Annahme zurück, König Rudolf III. von Hochburgund habe im beginnenden 11. Jahrhundert mehrere Urkunden auf der Burg Laupen ausgestellt.
Als im Frühjahr 1983 ein bewilligter Kredit für eine umfassende Bausanierung des Schlosses Laupen und des von der fortschreitenden Zerklüftung bedrohten Schlossfelsens vorlag, wurde eine eingehende Bauuntersuchung des historischen Bestandes dieses Bauwerks durch den heutigen kantonalen Denkmalpfleger und Kunsthistoriker Dr. Jürg Schweizer zwingend erforderlich. Dies war besonders dringlich, weil bis dahin die ältere Baugeschichte des Schlosses Laupen nicht zufriedenstellend hatte erforscht werden können: Bei dem oft als «ältester Profanbau des Kantons» beschriebenen Baukomplex konnte nur die jüngere Baugeschichte in ihren Anfängen skizziert werden, nicht aber die seit der Erbauung der Burg zahlreich durchgeführten Baumassnahmen und Umbauten. Weil schriftliche Dokumente weitgehend fehlen, war die Untersuchung und Dokumentation der durch die Sanierung in ihren Informationen und Befunden in Gefahr geratenen mittelalterlichen Bausubstanz in kurzer Zeit mit einem grösstmöglichen Gehalt an Ergebnissen zu bewältigen. Dazu gehörte die exakte Analyse der Mauerverbände und -strukturen, der Wandöffnungen, Baunähte und Baufugen, des Mörtels, der Reste des Verputzes, des Bauholzes und der Holzverbindungen, die in ihrer Gesamtheit möglichst umfassend untersucht werden mussten und Grundlage der Lizentiatsarbeit sind. Die Bauuntersuchung und Dokumentation konnte sich dabei auf Seminararbeiten von Studenten der Architekturgeschichte der Jahre 1979 und 1986 unter der Leitung von Ulrich Bellwald (Universität Bern) stützen.
Ein zweites Schwergewicht der folgenden Bearbeitung ruht auf der Auswertung der Grabungen innerhalb des Schlossgeländes Laupen, die vor und während der Sanierungskampagne durchgeführt wurden. Die archäologische Dokumentation erfolgte zum Teil noch vor der Einrichtung der Abteilung Mittelalter im ADB im Jahr 1984, die von Dr. Daniel Gutscher übernommen wurde, weshalb die Grabungsdokumentation methodische und dem heutigen Standard nicht mehr entsprechende Mängel aufweist, die sich negativ auf die Befundauswertung der vorliegenden Lizentiatsarbeit auswirkten.
Hauptergebnisse
Weder die Befundlage der archäologischen Dokumentationen noch die bauanalytischen Untersuchungen und schon gar nicht die mageren Bodenfunde ergaben – abgesehen von sehr unsicheren Hinweisen – neue Aufschlüsse über eine erste «Holz- und Erdburg Laupen». Die vermutete Holzbauperiode muss weiterhin Hypothese bleiben. Eine detaillierte historische Untersuchung der oft erwähnten Urkunden, die König Rudolf III. von Hochburgund auf der Burg Laupen ausgestellt habe, erbrachten folgendes Bild: In der Berner Quellensammlung Fontes Rerum Bernensium findet sich keinerlei Erwähnung dieser angeblichen Urkunden für die Zeit von 1014-1029. In der umfassenden Urkundensammlung der Monumenta Germaniae Historica liegt eine Urkunde vor, die als Ausstellungsort ein «Logis castello» angibt, was von den Herausgebern als «La Loye» übersetzt wird. Dieses Schriftstück datiert ins Jahr 1016 oder 1013 (?). In Verbindung mit dem westschweizerisch-romanischen Namen «Loyes» für «Laupen», könnte ein Hinweis auf die Burg Laupen erbracht sein. Aus der Urkundensammlung von Chevalier kann eine von Rudolf III. am 21. Februar 1015 ausgestellte Urkunde aufgeführt werden, die als Ausstellungsort ein «Actum Logis castello» angibt. Der Urkunde ist zu entnehmen, dass Rudolf III. seiner Gemahlin Irmingrad Besitzungen an der Isère schenkt. Zu vermuten wäre, dass sich der Berner Historiker Heinrich Türler auf dieses Schriftstück bezog. Auch für das Jahr 1029 finden sich zwei Urkunden mit Ausstellunsgort «La Loye», was lateinisch mit «Logis» übersetzt wird. Im Recueil des Chartes ist eine Urkunde aus dem Jahr 1029 ediert – ausgestellt von einem «Humbertus, cancellarius [dt. Vorsteher, Kanzleivorsteher]» auf Betreiben Rudolfs III. von Hochburgund – mit dem Ausstellungsort «Actum Logis». Darin ist festgehalten, dass Rudolf III. auf die Bitte des Grafen Rainaud die Kirche und das Kloster von Saint-Nicolas zu Vaux bei Poligny im Bistum Besançon dem Kloster Cluny zum Geschenk machte. Dieselbe Urkunde ist in der Monumenta Germaniae Historica erwähnt. In der zweiten Urkunde bestätigt Rudolf III. den Kanonikern von Saint-Anatoile in Salins die ihnen gemachten Schenkungen. Weiter verleiht er ihnen das Recht der Salzgewinnung, weist ihnen die umliegenden Weinberge sowie die Villa Arlod zu und verbietet Verlehnung und Entfremdung. Zusammenfassend kann nicht gesagt werden, ob sich die erwähnten Urkunden tatsächlich auf Laupen als Ausstellungsort beziehen. Daher müssen aus quellenkritischer Sicht grösste Zweifel an der Identifikation der Urkunden mit der Burg Laupen vorgebracht werden.
Aus archäologischer Perspektive kann die erste Burgphase (Phase I) mit grosser Wahrscheinlichkeit mit der Errichtung des ersten Wohnturms und der ersten Ringmauer in den Zeithorizont der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts bis zum beginnenden 13. Jahrhundert, vermutlich in die Zeit um 1200, gesetzt werden. Somit wäre die erste Burganlage Laupens als eine Turmburg anzusprechen. Trifft diese Interpretation zu, so muss die Erbauer- und Besitzergeschichte zugunsten der Zähringer oder allenfalls der in Abhängigkeit von ihnen stehenden Grafen von Laupen-Sternenberg revidiert werden, deren territorialer Landesausbau im Üechtland bereits im 11. Jahrhundert, aber v.a. im Laufe des 12. Jahrhunderts und dem beginnenden 13. Jahrhundert gut mit der ersten Burgphase Laupens einhergehen würde. In Verbindung mit den zahlreichen Stadtgründungen und -erweiterungen durch die Zähringer, kann auch eine vermehrte Bautätigkeit in der Zeit um 1200 auf vielen Burgstellen im Gebiet des heutigen Kantons Bern festgestellt werden.
Die für die heute noch sichtbare und formgebende Gestalt des Schlosses Laupen wichtigen Phasen (Phasen II und III) gehen aber hauptsächlich auf das 13. und 14. Jahrhundert zurück. Daher muss die Behauptung von der «ältesten Profananlage des Kantons Bern» sicher verworfen werden. Unter zähringischem Baueinfluss manifestierte sich die ausschliesslich in Steinbau gehaltene Errichtung von mächtigen Festungs- und Wohntürmen sowie kräftigen Wehrmauern. Das baulich eindrückliche Schloss Burgdorf oder die Städte Bern, Freiburg im Breisgau oder Solothurn seien hierfür als Beispiele genannt. Manche dieser Steinburgen haben mit Sicherheit ältere Erd- und Holzburgen ersetzt oder sind in der Nähe früherer Befestigungen errichtet worden, was aber im Falle der Burg Laupen nicht belegbar ist. Schon allein aufgrund des in dieser Phase planerisch bereits miteinbezogenen Palasgebäudes und des vortrefflichen Steinmaterials aus qualitativ guten und grösstenteils sorgfältig zu Bossen behauenen Tuffsteinquadern der Wehrmauern, muss die Burg Laupen der Phase II sicher als Reichsburg interpretiert werden. Dabei sollte bedacht werden, dass für die Errichtung solch gewaltiger Ringmauern eine leistungsfähige Bauequipe – bestehend aus Steinmetzen, Maurern und Bauarbeitern – notwendig gewesen sein muss. Demnach muss die aufwendig zu bewerkstelligende Phase II in Zeiten der wirtschaftlichen Blüte oder aber von Bauherren geschaffen worden sein, die die nötigen finanziellen Mittel dafür aufzubringen vermochten. Für die Besitzergeschichte des Schlosses Laupen würde dies bedeuten, dass es durchaus vorstellbar wäre, dass zähringische Burgherren für diesen Grossausbau verantwortlich gewesen waren.
Aufgrund der in der Folgezeit belegten und zeitlich dicht aufeinander folgenden Besitzerwechsel dürfen wohl die gerade im späten 13. Jahrhundert erfolgten Ausbauphasen den Savoyern oder den Habsburgern zugeschrieben werden. Dazu gehören sicher die Ausbauten des Westhofs und die Errichtung des wuchtigen Palas mit seiner repräsentativen Bauform, die gut korreliert mit dem Höhepunkt des hochmittelalterlichen Burgenbaus. Mit dem Übergang an die mächtige Stadt Bern 1324 finden die Wirrungen der Besitzerwechsel ihren Abschluss. Alle Umbau- und Ausbauphasen dürfen daher nach dieser Zeit den landvogteilichen Baubestrebungen der Stadt Bern zugeschrieben werden.
Aufgrund der damaligen wissenschaftlichen Vorgehensweise einer strengen Trennung zwischen Archäologie und Untersuchungen am aufgehenden Mauerwerk, konnte eine Synthese nur unter Einschränkungen vorgenommen werden. Die aus der Methodik resultierenden Divergenzen des Dokumentationsstandes des ADB und der KDp bewirkten auch eine unterschiedliche Dichte an Informationen. Weiter konnten aufgrund der mangelhaften schriftlichen Befunderklärungen und Fundzuweisungen jene Befunde, die zur Laufzeit der jeweiligen Grabung nicht erkannt worden sind, kaum mehr nachgeholt werden. Noch magerer die Fundsituation: Nebst den wenigen hochmittelalterlichen Funden, die weit unter der üblichen Erwartung liegen, kann in keiner Weise von einer die Siedlungsstrukturen auf der Burg Laupen repräsentierenden Fundsituation gesprochen werden.
Ausblick
Weil das Schloss Laupen nach dem Kauf durch die Stadt Bern 1324 zum festen Sitz der ersten bernischen Landvogtei geworden ist und bis zum heutigen Tage als Statthalteramt genutzt wird, muss eine umfassende Auswertung aller Bauphasen und historischen Hintergründe bis in die jüngste Zeit erfolgen. Die letzte von insgesamt sieben zusammengefassten Phasen stellt die Sanierungskampagne von 1983-88 dar. Zahlreiche Baumassnahmen und funktionale Umgestaltungen der frühen Neuzeit bis in die Moderne müssen in diese Auswertung einfliessen. Dem Verfasser wurde aus diesen Gründen von Dr. Daniel Gutscher die Möglichkeit einer weiteren Bearbeitung der noch ausstehenden Bauphasen (Phasen IV-VII) des Schlosses Laupen und einer Überarbeitung der Lizentiatsarbeit mit dem Ziel einer monographischen Publikation eröffnet. Das Projekt der umfassenden Auswertung der archäologischen und bauanalytischen Ergebnisse sowie die Verschränkung mit den historisch sicher belegten Fakten ist momentan in Bearbeitung und sollte bis Ende Juni dieses Jahres zu einem Abschluss gebracht werden.
Advisors: | Meyer, Werner H. |
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Faculties and Departments: | 04 Faculty of Humanities and Social Sciences > Departement Geschichte > Ehemalige Einheiten Geschichte > Historisches Seminar |
UniBasel Contributors: | Meyer, Werner H. |
Item Type: | Thesis |
Thesis Subtype: | Master Thesis |
Thesis no: | UNSPECIFIED |
Thesis status: | Complete |
Last Modified: | 12 Mar 2018 07:59 |
Deposited On: | 06 Feb 2018 11:26 |
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