Göttler, Thomas. Untersuchung der katalytischen Funktion der Gyrase aus "Bacillus subtilis" mit Einzelmolekül-Fluoreszenzspektroskopie. 2008, Doctoral Thesis, University of Basel, Faculty of Science.
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Official URL: http://edoc.unibas.ch/diss/DissB_8224
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Abstract
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde die katalytische Funktion der Gyrase aus Bacillus subtilis
untersucht. Dieses bakterielle Topoisomerase-IIa-Enzym ist in der Lage, superspiralisierte Plasmid-DNA
ATP-unabhängig zu relaxieren und umgekehrt unter ATP-Verbrauch negative Superhelices einzuführen.
Die beiden Untereinheiten GyrA und GyrB wurden zunächst nach einer Etablierung und Optimierung des
Reinigungsprotokolls hergestellt und anschließend zu einer funktionalen tetrameren Gyrase rekonstituiert.
In biochemischen Tests wurde geklärt, dass sich das Bacillus-Enzym bezüglich Topoisomerbildung und
Oligomerisierung genauso verhält wie das bereits gut erforschte Homolog aus E. coli. In der Folgezeit
wurde der Nukleotidzyklus der Gyrase aus B. subtilis eingehend untersucht und quantifiziert.
Dissoziationskonstanten für die Affinität zwischen den einzelnen Untereinheiten sowie zwischen dem
Enzym und den Substraten wurden durch unterschiedliche Methoden ermittelt. Alle relevanten Michaelis-
Menten-Parameter wurden schrittweise durch eine Reihe von optischen ATPase-Tests mit GyrB und
seinen Liganden bestimmt. Die Untereinheit dimerisiert nach einer Nukleotidbindung und ist eine DNAabhängige
ATPase, wobei GyrB2 die aktive Form des Enzyms darstellt. Durch kinetische Messungen
konnten darüber hinaus Ratenkonstanten im katalytischen Zyklus des Enzyms erfasst werden. Bei diesen
Experimenten stellte sich heraus, dass trotz der homologen Architektur einige mechanistische
Unterschiede zwischen den einzelnen Gyrasevertretern aus verschiedenen Organismen existieren. Das
Bacillus-Enzym zeigt beispielsweise eine deutlich geringere Affinität zu Plasmid-DNA als das Protein
aus Escherichia, jedoch induziert der Ligand im ersten Fall wesentlich stärker die ATPase-Rate, so dass
der Effekt unter dem Strich gleich ist. Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt im Nukleotidzyklus ist
bei B. subtilis die ATP-Hydrolyse, wogegen in E. coli die anschließende Dissoziation der Spaltprodukte
ratenlimitierend ist. Der größte Unterschied ist die Kooperativität der ATPase-Untereinheiten: Während
in Escherichia die Bindung von ATP an die erste Bindestelle die Anlagerung des zweiten Nukleotids
vereinfacht, konnte in Bacillus in einer weitreichenden Untersuchung kein kooperatives Verhalten
detektiert werden. Verschiedene mechanistische Wege führen also vergleichbar effektiv zum selben
funktionellen Ziel. In Anisotropiemessungen wurde die Trimer- und Tetramerbildung der Gyrase-
Untereinheiten zum ersten Mal überhaupt exakt quantifiziert. Damit ist es nun möglich, bei beliebigen
Ausgangsmengen aller Komponenten den Tetrameranteil sowie die Substratsättigung vorherzusagen. Zur
späteren Untersuchung des Reaktionszyklus wurden außerdem defiziente Mutanten hergestellt und ihre
Unfähigkeit, ATP bzw. DNA zu spalten, in entsprechenden Tests bestätigt.
Neben diesen rein biophysikalischen Untersuchungen wurde die Gyrase für Einzelmolekül-FRETMessungen
an verschiedenen Stellen des Enzyms vorbereitet. Zunächst wurden native Cysteine unter
Beibehaltung der vollen Aktivität entfernt. Eine Vielzahl von Mutanten mit neuen Cysteinen am C-, am
N-, am DNA-Tor sowie an der C-terminalen GyrA-Domäne wurde hergestellt, gereinigt und auf ihre
Funktion überprüft. Ausgewählte Positionen wurden anschließend mit zwei Fluoreszenzfarbstoffen
statistisch doppelmarkiert. Diese Kopplung konnte für jede Mutante optimiert werden und führte stets zu
sehr guten Ergebnissen. In einem konfokalen Einzelmolekül-FRET-Aufbau mit Einzelphotonendetektion
wurde nach einer Etablierung der Messmethode der Förster-Transfer in den markierten Proteinen
bestimmt. Bei dieser Technik wird der Donorfarbstoff durch Laserpulse angeregt, woraufhin das Molekül
die Energie unter bestimmten Umständen strahlungsfrei an den Akzeptor übertragen kann, so dass dieser
Fluoreszenz emittiert. Dieser Transfer ist stark abstandsabhängig und ermöglicht intramolekulare
Distanzmessungen im Bereich von 2 – 9 nm. In den smFRET-Experimenten konnte zum ersten Mal
direkt gezeigt werden, dass sowohl das C-Tor als auch das DNA-Tor der Gyrase im Grundzustand
geschlossen sind. Eine hohe GyrA-Autoaffinität in diesen Bereichen führt dazu, dass auch nach einer
Substratzugabe hauptsächlich die geschlossene Konformation vorliegt. Der offene Zustand des C- bzw.
des DNA-Tores, der während des Nukleotidzyklus für einen Durchtritt der T-DNA benötigt wird, ist sehr
kurzlebig und tritt auch nach einer Inhibitorzugabe nur bei wenigen Prozent einer Gyrasepopulation auf.
Diese Konformation konnte folglich nicht in globalen Histogrammen, sondern lediglich bei einer
Betrachtung einzelner Photonenereignisse nachgewiesen werden. Dagegen führt die C-terminale Domäne
von GyrA eine weitreichende Bewegung aus, sobald das markierte Enzym an dsDNA bindet. In
Einzelmoleküluntersuchungen ist die ligandeninduzierte CTD-Abstandszunahme im symmetrischen
GyrA2-Dimer und der darauf folgende Rückgang des Förster-Transfers deutlich zu erkennen. Die
smFRET-Studien am N-Tor der Gyrase waren dagegen nicht erfolgreich, da bei der notwendigen GyrBKonzentration
im pM-Bereich nur unbrauchbare einzelmarkierte A2B-Trimere gebildet werden. Alle
durchgeführten Experimente wurden durch eine Multiparameteranalyse unter Berücksichtigung der
Donor-Lebenszeit verifiziert. Die Methoden zur Bestimmung des Förster-Radius sowie der relevanten
smFRET-Korrekturfaktoren wurden etabliert und für mehrere Mutanten ausgeführt, um aussagekräftige
Einzelmolekülergebnisse zu erzielen. Dabei stellte sich heraus, dass die spektralen Eigenschaften der
gekoppelten Farbstoffe zu einem bestimmten Grad von der Position am Protein abhängen können.
Schließlich wurden in FCS-Experimenten die Diffusion der Gyrase beleuchtet sowie in zeitaufgelösten
Ensemblemessungen die Lebenszeit sowie die Anisotropie des Donorfluorophors untersucht.
Die Ergebnisse aus der vorliegenden Arbeit leisten einen Beitrag zum Verständnis der Funktionsweise
von bakteriellen Typ-II-Topoisomerasen. Neue Einblicke in den Mechanismus des Bacillus-Enzyms
zeigen die Komplexität der ATP-abhängigen DNA-Topoisomerisierung sowie die Unterschiede zwischen
den homologen Vertretern in verschiedenen Organismen. Zum ersten Mal überhaupt wurde die
Konformationsdynamik der Gyrase in leistungsfähigen Einzelmoleküluntersuchungen direkt beschrieben
und analysiert. Man darf gespannt sein, wie sich dieser Forschungsbereich in der Zukunft entwickelt.
untersucht. Dieses bakterielle Topoisomerase-IIa-Enzym ist in der Lage, superspiralisierte Plasmid-DNA
ATP-unabhängig zu relaxieren und umgekehrt unter ATP-Verbrauch negative Superhelices einzuführen.
Die beiden Untereinheiten GyrA und GyrB wurden zunächst nach einer Etablierung und Optimierung des
Reinigungsprotokolls hergestellt und anschließend zu einer funktionalen tetrameren Gyrase rekonstituiert.
In biochemischen Tests wurde geklärt, dass sich das Bacillus-Enzym bezüglich Topoisomerbildung und
Oligomerisierung genauso verhält wie das bereits gut erforschte Homolog aus E. coli. In der Folgezeit
wurde der Nukleotidzyklus der Gyrase aus B. subtilis eingehend untersucht und quantifiziert.
Dissoziationskonstanten für die Affinität zwischen den einzelnen Untereinheiten sowie zwischen dem
Enzym und den Substraten wurden durch unterschiedliche Methoden ermittelt. Alle relevanten Michaelis-
Menten-Parameter wurden schrittweise durch eine Reihe von optischen ATPase-Tests mit GyrB und
seinen Liganden bestimmt. Die Untereinheit dimerisiert nach einer Nukleotidbindung und ist eine DNAabhängige
ATPase, wobei GyrB2 die aktive Form des Enzyms darstellt. Durch kinetische Messungen
konnten darüber hinaus Ratenkonstanten im katalytischen Zyklus des Enzyms erfasst werden. Bei diesen
Experimenten stellte sich heraus, dass trotz der homologen Architektur einige mechanistische
Unterschiede zwischen den einzelnen Gyrasevertretern aus verschiedenen Organismen existieren. Das
Bacillus-Enzym zeigt beispielsweise eine deutlich geringere Affinität zu Plasmid-DNA als das Protein
aus Escherichia, jedoch induziert der Ligand im ersten Fall wesentlich stärker die ATPase-Rate, so dass
der Effekt unter dem Strich gleich ist. Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt im Nukleotidzyklus ist
bei B. subtilis die ATP-Hydrolyse, wogegen in E. coli die anschließende Dissoziation der Spaltprodukte
ratenlimitierend ist. Der größte Unterschied ist die Kooperativität der ATPase-Untereinheiten: Während
in Escherichia die Bindung von ATP an die erste Bindestelle die Anlagerung des zweiten Nukleotids
vereinfacht, konnte in Bacillus in einer weitreichenden Untersuchung kein kooperatives Verhalten
detektiert werden. Verschiedene mechanistische Wege führen also vergleichbar effektiv zum selben
funktionellen Ziel. In Anisotropiemessungen wurde die Trimer- und Tetramerbildung der Gyrase-
Untereinheiten zum ersten Mal überhaupt exakt quantifiziert. Damit ist es nun möglich, bei beliebigen
Ausgangsmengen aller Komponenten den Tetrameranteil sowie die Substratsättigung vorherzusagen. Zur
späteren Untersuchung des Reaktionszyklus wurden außerdem defiziente Mutanten hergestellt und ihre
Unfähigkeit, ATP bzw. DNA zu spalten, in entsprechenden Tests bestätigt.
Neben diesen rein biophysikalischen Untersuchungen wurde die Gyrase für Einzelmolekül-FRETMessungen
an verschiedenen Stellen des Enzyms vorbereitet. Zunächst wurden native Cysteine unter
Beibehaltung der vollen Aktivität entfernt. Eine Vielzahl von Mutanten mit neuen Cysteinen am C-, am
N-, am DNA-Tor sowie an der C-terminalen GyrA-Domäne wurde hergestellt, gereinigt und auf ihre
Funktion überprüft. Ausgewählte Positionen wurden anschließend mit zwei Fluoreszenzfarbstoffen
statistisch doppelmarkiert. Diese Kopplung konnte für jede Mutante optimiert werden und führte stets zu
sehr guten Ergebnissen. In einem konfokalen Einzelmolekül-FRET-Aufbau mit Einzelphotonendetektion
wurde nach einer Etablierung der Messmethode der Förster-Transfer in den markierten Proteinen
bestimmt. Bei dieser Technik wird der Donorfarbstoff durch Laserpulse angeregt, woraufhin das Molekül
die Energie unter bestimmten Umständen strahlungsfrei an den Akzeptor übertragen kann, so dass dieser
Fluoreszenz emittiert. Dieser Transfer ist stark abstandsabhängig und ermöglicht intramolekulare
Distanzmessungen im Bereich von 2 – 9 nm. In den smFRET-Experimenten konnte zum ersten Mal
direkt gezeigt werden, dass sowohl das C-Tor als auch das DNA-Tor der Gyrase im Grundzustand
geschlossen sind. Eine hohe GyrA-Autoaffinität in diesen Bereichen führt dazu, dass auch nach einer
Substratzugabe hauptsächlich die geschlossene Konformation vorliegt. Der offene Zustand des C- bzw.
des DNA-Tores, der während des Nukleotidzyklus für einen Durchtritt der T-DNA benötigt wird, ist sehr
kurzlebig und tritt auch nach einer Inhibitorzugabe nur bei wenigen Prozent einer Gyrasepopulation auf.
Diese Konformation konnte folglich nicht in globalen Histogrammen, sondern lediglich bei einer
Betrachtung einzelner Photonenereignisse nachgewiesen werden. Dagegen führt die C-terminale Domäne
von GyrA eine weitreichende Bewegung aus, sobald das markierte Enzym an dsDNA bindet. In
Einzelmoleküluntersuchungen ist die ligandeninduzierte CTD-Abstandszunahme im symmetrischen
GyrA2-Dimer und der darauf folgende Rückgang des Förster-Transfers deutlich zu erkennen. Die
smFRET-Studien am N-Tor der Gyrase waren dagegen nicht erfolgreich, da bei der notwendigen GyrBKonzentration
im pM-Bereich nur unbrauchbare einzelmarkierte A2B-Trimere gebildet werden. Alle
durchgeführten Experimente wurden durch eine Multiparameteranalyse unter Berücksichtigung der
Donor-Lebenszeit verifiziert. Die Methoden zur Bestimmung des Förster-Radius sowie der relevanten
smFRET-Korrekturfaktoren wurden etabliert und für mehrere Mutanten ausgeführt, um aussagekräftige
Einzelmolekülergebnisse zu erzielen. Dabei stellte sich heraus, dass die spektralen Eigenschaften der
gekoppelten Farbstoffe zu einem bestimmten Grad von der Position am Protein abhängen können.
Schließlich wurden in FCS-Experimenten die Diffusion der Gyrase beleuchtet sowie in zeitaufgelösten
Ensemblemessungen die Lebenszeit sowie die Anisotropie des Donorfluorophors untersucht.
Die Ergebnisse aus der vorliegenden Arbeit leisten einen Beitrag zum Verständnis der Funktionsweise
von bakteriellen Typ-II-Topoisomerasen. Neue Einblicke in den Mechanismus des Bacillus-Enzyms
zeigen die Komplexität der ATP-abhängigen DNA-Topoisomerisierung sowie die Unterschiede zwischen
den homologen Vertretern in verschiedenen Organismen. Zum ersten Mal überhaupt wurde die
Konformationsdynamik der Gyrase in leistungsfähigen Einzelmoleküluntersuchungen direkt beschrieben
und analysiert. Man darf gespannt sein, wie sich dieser Forschungsbereich in der Zukunft entwickelt.
Advisors: | Klostermeier, Dagmar |
---|---|
Committee Members: | Grzesiek, Stephan |
Faculties and Departments: | 05 Faculty of Science > Departement Biozentrum > Former Organization Units Biozentrum > Biophysical Chemistry (Klostermeier) |
UniBasel Contributors: | Klostermeier, Dagmar and Grzesiek, Stephan |
Item Type: | Thesis |
Thesis Subtype: | Doctoral Thesis |
Thesis no: | 8224 |
Thesis status: | Complete |
Number of Pages: | 235 |
Language: | English |
Identification Number: |
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edoc DOI: | |
Last Modified: | 02 Aug 2021 15:06 |
Deposited On: | 13 Feb 2009 16:24 |
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